Ein christlicher Friedhof

Christliche Friedhofskultur

(von Pastor Christian Schnepf aus der Broschüre „Parkfriedhof)

Mitten auf dem Gadebuscher Friedhof erhebt sich, an zentraler Stelle, ein großes schmiedeeisernes Kreuz. Ein Gadebuscher Schmied hat es in den 60er Jahren angefertigt und dort aufgestellt. Seitdem ist es das weithin sichtbare Symbol dieser Ruhestätte. Doch das Kreuz auf dem Gadebuscher Friedhof ist vielmehr als nur dessen unverkennbare Wegmarke. Vor allem ist es das christliche Symbol für die Hoffnung auf Auferstehung. Es macht diesen Friedhof als Ort der Trauer und des Abschieds auch zu einem Ort der Zuversicht, an dem nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern Christus, der spricht: „Ich lebe und ihr sollt auch leben.“ (Johannes 14,9)

Der zentrale Punkt des Friedhofs – das Kreuz (Foto: Hartwig Meyer)

Christinnen und Christen glauben: Gott hat seinen Sohn Jesus Christus so sehr geliebt, dass er ihn nicht im Tode beließ, sondern ihn am dritten Tag nach der Kreuzigung von den Toten auferweckte, Darin findet die christliche Hoffnung ihren festen Grund: Gottes Sohn ist uns vorausgegangen als „Erster der Entschlafenen” (1. Korinther 15,20) und wir werden ihm eines Tages folgen. Die menschliche Ur-Sehnsucht, „dass alles gut wird – und zwar für immer” findet im österlichen Auferstehungsglauben eine Antwort, die die Grenze des Todes überschreitet.

Das Christliche am Auferstehungsglauben ist dabei weniger eine Lehre über ein mögliches Leben nach dem Tod als vielmehr ein Hoffnungsbild: das Bild des mitleidenden Christus, das Bild des auferstandenen Christus. Der Apostel Paulus hat dies so beschrieben: „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist.” (Römerbrief 8,38f) Die christliche Botschaft lautet also: Unsere Toten sind nicht verloren, sondern bleiben geborgen in Gottes Liebe. So bleiben sie auch uns Lebenden nahe.

Auf einem christlichen Friedhof wird nicht nur erfahrbar, dass wir Menschen endlich sind. Zugleich werden wir an die Unendlichkeit Gottes erinnert. Das zeitlich und räumlich so begrenzte Leben ist umgeben und aufgehoben von und in der Ewigkeit  bewusst zu werden, kann sehr tröstlich und entlastend sein. Ich sehe ein, wer ich bin, und ich schaue weit über mich hinaus zu dem, der mich ins Leben gerufen hat. Vor ihm kann ich demütig sein, meine Grenzen anerkennen . und Dankbarkeit empfinden für das, was mir geschenkt wurde und was möglich ist.

So wie der Gang über jeden christlichen Friedhof, ermöglicht auch der Gang über en Gadebuscher Friedhof Endlichkeits- und Unendlichkeitserfahrung zugleich Sowie der Blick vom Strand auf ein weites Meer, von einem Gipfel in die Ferne oder Nachts in den Sternenhimmel.

Die menschliche Ohnmacht angesichts des Todes wird in den Riten, Symbolen und Gebeten der christlichen Friedhofskultur und der Trauernden-Seelsorge benannt und zugleich aufgebrochen, Zu einem christlichen Abschied von einem verstorbenen Menschen gehört so auch die Suche nach Versöhnung und innerem Frieden, Nur wenn man miteinander im Reinen ist, kann man gelassen und dankbar auseinandergehen. Wenn Versöhnung und Dankbarkeit mit einem Trauergottesdienst oder dem Besuch eines Grabes verbunden sind, wird der christliche Friedhof auch zu einem Ort des Friedens.

Der tote Leib des Menschen ist nach christlichem Verständnis nicht nur eine Hülle, sondern gehört wesentlich zu seiner Personalität, In einer pietätvollen Bestattung bezeugt der christliche Glaube die Würde der Schöpfung. Christliche Trauer und christliches Totengedenken brauchen dabei den konkreten Ort und konkrete Zeichen der Auferstehungshoffnung – wie die Namensnennung am Grab auf dem Friedhof, Christinnen und Christen glauben: Die Verstorbenen leben in ihrer einmaligen Identität jetzt In Gott und bleiben zugleich den Hinterbliebenen auf neue, andere Weise real nahe, Die christliche Friedhofskultur macht diesen Glauben sichtbar und erfahrbar.

 

Die christliche Bestattung

(von Pastor Christian Schnepf aus der Broschüre „Parkfriedhof)

Ewigkeitsgrab auf dem Karlsruher Hauptfriedhof (B. Franz / G. Maybaum, 2011)

Viele Jahrhunderte hindurch hat der christliche Auferstehungsglaube die Friedhofskultur auch in Gadebusch geprägt, und er tut es bis heute. Jährlich werden etwa 40 % der Trauerfälle von einem evangelischen Pastor oder katholischen Priester begleitet. Nachdem ein Mensch gestorben ist, folgt zunächst das Trauergespräch, zu dem der Seelsorger die Hinterbliebenen besucht, um gemeinsam die Trauerfeier vorzubereiten. Dabei werden die wichtigsten Lebensstationen des oder der Verstorbenen bedacht, und es wird überlegt, welche Lieder und Texte im Trauergottesdienst passen könnten. Die anschließende Trauerfeier dient dem Abschiednehmen und ist geprägt vom gemeinsamen Gesang, den Gebeten und der Ansprache des Geistlichen.

Die biblischen Texte über das ewige Leben bei Gott weiten den menschlichen Horizont und spenden Trost. Die Trauerfeier findet in Gadebusch für gewöhnlich in der Trauerhalle neben dem Friedhof statt. Gelegentlich wird aber auch das Kirchengebäude dafür genutzt, wenn der oder die Verstorbene Mitglied in der Kirche war.

Gemeinschaftsgrabanlage „Andacht“ auf dem Karlsruher Hauptfriedhof, Teil der Dauerausstellung „!Aspekte“ (B. Franz / G. Maybaum, 2011)

Nach der Trauerfeier erfolgt oft unmittelbar die Beisetzung auf dem Friedhof. In Gadebusch war es lange Zeit Tradition, dass die Verstorbenen in der Turmkapelle der Stadtkirche aufbewahrt wurden, bevor ein von Pferden gezogener Leichenwagen den Sarg von der Kirche zum Friedhof beförderte und von einer Trauerprozession begleitet wurde, Dieser letzte gemeinsame Weg gehört zu den sieben Taten der Barmherzigkeit. Denn die Bestattung eines Verstorbenen ist ein konkreter Ausdruck christlicher Nächstenliebe. Heute beschränkt sich dieser letzte gemeinsame Weg auf einen Gang über den Friedhof hin zur Grabstätte. Dort erfolgten der dreimalige Erdwurf und die Segnung des Verstorbenen. Mit dem gemeinsam gesprochenen Vaterunser und dem Segen über die Anwesenden endet die Beisetzung.

Zu den christlichen Trauerritualen gehört auch die Aussegnung am Totenbett, ein in Gadebusch nur selten angefragter Dienst der Kirche. Wesentlicher Bestandteil ist bei diesem Ritual ein besonderer Valet-Segen, der über den Toten gesprochen wird. Es dient dem Abschiednehmen unmittelbar nach dem Versterben. In einem Moment der Sprachlosigkeit erhalten die Trauernden seelsorgerlichen Beistand und Worte des Trostes, Sowohl ein evangelischer als auch katholischer Geistliche können jederzeit um diesen Dienst gebeten werden.

Der Dienst des Pastors oder Priesters ist für Mitglieder der Kirche kostenfrei. Wer nicht in der Kirche ist und dennoch gerne mit christlichem Ritus bestattet werden möchte, wird nicht abgewiesen, aber um einen Spendenbeitrag gebeten.

Das Kreuz auf dem Gadebuscher Friedhof verweist auf den kirchlichen Charakter dieses Ortes, Das bedeutet aber nicht, dass hier nur Kirchenmitglieder beigesetzt werden dürften. Der Friedhof steht allen zur Verfügung, die bei ihrem Ableben im Bereich der kommunalen Gemeinde bzw. im Bereich der Kirchengemeinde ihren Wohnsitz hatten oder vor ihrem Tode auf dem Friedhof ein Grabnutzungsrecht erworben haben. Der Gadebuscher Friedhof befindet sich in der Trägerschaft der örtlichen Kirchengemeinde und wird von der zentralen Friedhofsverwaltung in Güstrow verwaltet.