Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Mecklenburgische Kirchengeschichte in Gadebusch

Die Tagung und ihre Vorträge

Am 27.09.2019 hatten die Arbeitsgemeinschaft Mecklenburgische Kirchengeschichte und der Förderverein der Stadtkirche zu Gadebusch in die Aula auf unserem Schlossberg eingeladen. Es war die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft. Sie stand unter dem Titel „St. Jakobus und St. Dionysius zu Gadebusch – Ein Kleinod im europäischen Norden„.

adebuschv.l.: Prof. Dr. Ernst Badstübner, Dr. Johann Peter Wurm, Dr. Gerhard Schotte, Kirchenoberbaurat i.R: Gisbert Wolf

Dr. Johann Peter Wurm aus Schwerin als Leiter der Arbeitsgemeinschafter Mecklenburgische Kirchengeschichte eröffnete die Tagung. Dr. Gerhard Schotte und der Gadebuscher Bürgermeister Herr Arne Schlien sprachen Grußworte bevor Kirchenoberbaurat i.R. Gisbert Wulf in das Tagungsthema einführte. Herr Wulf ist aktuell Ehrenvorsitzender des Fördervereins der Gadebuscher Stadtkirche und war mitverantwortlich für die Renovierung der Gadebuscher Stadtkirche, kennt sich also in Gadebusch bestens aus. Er sprach u.a. über Gadebusch als einen besonderen Ort der Wendezeit und vermutet, dass die ältesten Teile de Kirche von heidnischen Tempeln übernommen wurden.

Prof. Dr. Ernst Badstübner aus Berlin sprach zum Thema „Die Stadtkirche St. Jakobus und St. Dionysius von Gadebusch als Denkmal der frühen Backsteinarchitektur in Nordeuropa und als älteste Hallenkirche in Mecklenburg“. Er sprach von der Besonderheiten der Gadebuscher Kirche wie z.B. Hallenkirche mit 3 gleichgroßen Schiffen mit gleicher Höhe, vom insgesamt quadratischen Umriss, denn tragenden Säulen usw. und vor allem davon, wo es ähnliche Merkmale gab. Er fand Ähnliches in Bremen, Berne, Bassum, in der Gegend um Lippstadt. Die eigentliche Vorbilder gibt es jedoch in Frankreich. Hier weilte Heinrich der Löwe und brachte von dort einige Ideen mit nach Gadebusch udn Ratzeburg,  aber auch nach Westfahlen.

Den nächsten Beitrag lieferte dann Dr. Johann Peter Wurm zum Thema „Die Stadtkirche Gadebusch bis zur Reformation“. Er erzählte, dass sich auf dem Gebiet des heutigen Schlossberges im 8. Jahrhundert ein Burgwall der Polawen (eine Untergruppe der Obotriten) befand. 1154 ist dann erstmals der ehemalige Name Gadebuschs „Godebuz“ nachgewiesen worden (Godebuz = Gottes Busch?) Gadebusch war später die Ostgrenze des Bistums Ratzeburg. und 1181 bereits unter deutscher Besatzung. Nach dem Bau der Kirche Anfang des 13. Jahrhunderts fiel auf, dass sehr viele Pastoren und Kirchherren in Gadebusch von adligem Geschlecht waren. oft sehr reiche Leute. U.a. war auch ein Gottfried von Bülow ein Pastor in Gadebusch. Die Beziehungen der Gadebuscher Kirche zum Gadebuscher Schloss und auch nach Schwerin waren sehr eng.

Der Mecklenburger Dr. Rene Wiese referierte zum Thema „Die Gadebuscher Stadtkirche in der frühen Neuzeit“. Die Neuzeit begann nach der Reformation und endete ca. 1900, wobei Herr Dr. Wiese noch über die Periode bis 1914 berichtete. Gadebusch hatte im 16. Jahrhundert ca. 1000 Einwohner und es gab hier ca. 100 Häuser. Dr. Wiese erzählte über die Differenzen zwischen der Kirche, die Schwerin untertellt war und den weltlichen Herrschern von Gadebusch, die Schwerin nicht so ent unterstellt waren.

Chorgestühl

Und seit ungefähr 1550 hatte die Fürsten aus Kostengründen kein Interesse mehr, die Kirche zu erhalten. Eine Einnahmequelle für die Kirche war es dann, die Stühle zu vermieten. Um Einnahmen zu erzielen, wurde mehr Stühle angeschafft, wurde Emporen gebaut, um Platz für Stühle zu erhalten. Dies nahm richtig bizarre Formen an. Auf Grund von Streitigkeiten wurde eine Stuhlordnung geschaffen, die sich oft änderte. 1914 war dann damit Schluss. Auch bei Beerdigungen gab es Streit, viele Bauern begruben zeitweie ihre Toten selber, um Geld zu sparen. as war schon spannend.

Dr. Kristina Hegner aus Schwerin sprach dann zum Thema: „Aktensicht und Augenschein – das zumeist mittelalterliche Inventar der Gadebuscher Stadtpfarrkirche einst und heute“.

Bild des Messingblaker
Blaker aus Messing

Es war einfach spannend zu hören, was es einst in der Stadtkirche alles gab, wer und oft auch warum was gespendet und hergestellt und welche Weg die einzelnen Gegenstände dann gegangen sind bis in die Gegenwart. Auch die Art und eie des Vorrages fand sehr viel Anklang.Die meisten Teile befinden sich seit dem 19. Jahrhundert im Schweriner Museum. Z.B. erzählte sie von Hartwig von Bülow, der in der ersten Hälfte des 15. Jahrunderts eine große Rolle spielte oder darüber, dass es 1598 17 Altäte in der Kirche gab und dass es 1557 ein Inventur gab, von der noch Dokumente erhalten sind. Der metallene Deckel der Tauffünte ist evtl. im 30-jährigen Krieg zu einer Glocke gegossen worden. Merken konnte ich mir nicht alles, vielleicht klappt es ja mit einem Script zu diesem erfrischenden Vortrag.

Den letzten Vortrag hielt Herr Detlef Witt aus Sundhagen. Er sprach zum Thema „Die Baumaßnahmen an der Gadebuscher Stadtpfarrkirche um 1843 / 1844. Auch für ihn war die Gadebuscher Kirche ein Kleinod im europäischen Norden. Er behandete nicht nur diedamaligen Baumaßnahmen, sondern auch die Pläne von Ludwig Bartmings von 1826. Bereits 1842  beginnt die Ortsakte von Lisch über Gadebusch und nicht wie bisher vermutet 1890. Der Entwurf der Planung von Bartmings entfernte sehr viel Inventarien und verwarf viel Altes. Glücklicherweise wurde er nicht voll umgesetzt. Auch dies war ein sehr interessanter Vortrag.

 

Persönliches Fazit:

Erstmal finde ich es einfach großartig, dass sich so viele bedeutdende Historiker so intensiv mit unserer Kirche bechäftigen, dann auch noch nach Gadebusch kommen, um hier von ihren Forschungen zu referieren und dann noch diese Vorträge doch beträchtliche Zahl von Zuhöhrern finden.  Es macht mich schon stolz, so eine bedeutende Kirche in unserer Stadt zu wissen. Diese Vorträge waren für mich ungemein spannend. Da freue ich mich auf etwas Schriftliches in der Hand und warte sehnsüchtig auf das angekündigte Buch von Gisbert Wulf. Zukünftig werde ich mich mehr für die Geschichte des Schlosses und der Kirche interessieren, beides gehört definitiv zusammen. Das habe ich an diesem Tag auch gelernt.

Die Referenten

Dr. Johann Peter Wurm

Jg. 1963, Schule in Bayreuth und Lippstadt, 1983–1989 Studium der Fächer Geschichte und Spanisch in Münster, 1990–1993 Promotion über Johannes Eck und den Oberdeutschen Zinsstreit 1513–1515 bei Peter Johanek in Münster, 1995–1997 Archivreferendariat am Landesarchiv Schleswig und an der Archivschule Marburg, 1997–2001 wissenschaftlicher Angestellter am Landesarchiv Schleswig, am Archiv der Hansestadt Lübeck und am Landeshauptarchiv Schwerin, 2001–2002 Landeskirchenarchivrat am Landeskirchlichen Archiv Wolfenbüttel, seit April 2002 Kirchenarchivrat am Landeskirchlichen Archiv Schwerin.

Forschungsschwerpunkte: Johannes Eck, Landes- und Territorialkirchengeschichte vor allem Mecklenburgs

Am 7. Oktober 2006 in die Historische Kommission für Mecklenburg berufen.

Prof. Dr. Ernst Badstübner

Ernst Badstübner (* 1931 in Stettin) ist ein deutscher Bau- und Kunsthistoriker sowie Sachbuchautor.

Nach dem Studium der Archäologie und Kunstgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität arbeitete Badstübner an der von Richard Hamann 1953 gegründeten und später von Edgar Lehmann geleiteten Arbeitsstelle für Kunstgeschichte der Akademie der Wissenschaften in Berlin. Dort promovierte er 1961. Nach der Auflösung des Akademie-Institutes kam Badstübner 1971 mit Lehmann an die Zentrale Forschungsabteilung des Institutes für Denkmalpflege beim DDR-Ministerium für Kultur. 1988 habilitierte er.

Nach der Abwicklung des Institutes für Denkmalpflege wurde Badstübner von der Wartburg-Stiftung als Burghauptmann der Wartburg berufen. 1994 wurde ihm der Lehrstuhl für Kunstgeschichte des Mittelalters am Caspar-David-Friedrich-Institut der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald übertragen, den er bis zu seiner Emeritierung innehatte.

Ernst Badstübner publizierte vorrangig zur mittelalterlichen Architektur des nördlichen Mitteleuropas, insbesondere zu Sakralbauten in Thüringen und der Mark Brandenburg. Er ist Ehrenvorsitzender der Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und Schlössern.

Dr. René Wiese

geb. 1976 in Crivitz, 1995 Abitur in Schwerin,

1996–2001 Studium der Geschichte, Germanistik und Niederdeutschen Philologie in Greifswald und Rostock, Stipendiat der Landesgraduiertenförderung Mecklenburg-Vorpommern,

2004 Promotion in Rostock mit der Biographie »Orientierung in der Moderne. Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg« (ausgezeichnet mit dem Förderpreis der Hamburgischen Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur),

2004–2006 Referendariat für den höheren Archivdienst in Schwerin und Marburg/Lahn,

Archivoberrat und Dezernatsleiter in der Abteilung Landesarchiv des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin,

seit 2009 stellv. Vorsitzender des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde Arbeitsschwerpunkte: mecklenburgische Landesgeschichte, Volkskunde und niederdeutsche Literatur (18. bis 20. Jahrhundert), insbesondere der mecklenburgische Adel sowie die Häuser Mecklenburg und Hohenzollern im 19. Jahrhundert; Kirchengeschichte

Am 9. Oktober 2009 wurde Dr. Wiese in die Historische Kommission für Mecklenburg berufen.

Dr. Kristina Hegner

Kristina Hegner wurde 1949 in Arnstadt / Thüringen geboren. Sie studierte Kunstgeschichte, promovierte 1994 in Kunstgeschichte und ist seit 1972 im Staatlichen Museum Schwerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Schwerpunkt Mittelalter und der Renaissance tätig. Der Forschungs- und Publikationsbereich zur Kunst in Mecklenburg erstreckt sich partiell bis in das 18. Jahrhundert. 1998 erarbeitete sie den ersten Band der Dokumentation kriegsbedingter Verluste des mecklenburgischen Landesmuseums Schwerin.

 

 

Detlef Witt

Detlef Witt wurde 1962 geboren und lebt in Greifswald. Er studierte Kunstgeschichte, Christlichen Archäologie und Neueren und Neuesten deutschen Literatur an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Anschließend war er freiberuflicher Kunsthistoriker, u.a. in einem Restaurierungsatelier; Herr Witt beschäftigte sich mit der Erfassung von Kunst und Kulturgut im Kirchenkreis Stralsund der Pommerschen Evangelischen Kirche. 2006 und 2007 hatte er Lehraufträge an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität. Forschungsschwerpunkt waren Sakrale Kunst vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert in Mecklenburg-Vorpommern.